Rotgipfler, Neuburger, Frühroter Veltliner oder auch Zierfandler – sie alle stammen vom Roten Veltliner ab. Vor einigen Jahren fand der Klosterneuburger Rebwissenschaftler Ferdinand Regner mit Hilfe einer DNA Analyse heraus, dass es sich beim Roten Veltliner um das Stamm-Elternteil der Veltliner-Familie handelt. Trotz seiner ampelographischen Wichtigkeit und ehemals großen Popularität, verschwand er über die letzten fünfzig Jahre fast gänzlich aus Österreichs Rebbestand. Grund: der im Weingarten einfachere Grüne Veltliner lief ihm schlicht den Rang ab. Nur ganz Wenige, wie die Familie Mantler im Kremstaler Gedersdorf, hielten die Flagge für die außergewöhnliche Sorte hoch. Heute dürfte der Großteil der gepflanzten Stöcklinge aus Selektionen ihrer Weingärten stammen.

Eine Gruppe von zehn Bio-Weinbaubetrieben aus dem Donauraum westlich von Wien verhilft nun dem Roten Veltliner wieder zu altem Glanz und neuer Aufmerksamkeit. Sie investieren viel Energie in die Erforschung und Entwicklung der Rebsorte. Ein wichtiger Beitrag zum Erhalt eines weingeschichtlichen Kulturguts. Als Untermauerung steht nun die begehrte Anerkennung als Presidio-Projekt der Internationalen Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt bewor. Diese hat bereits informell grünes Licht für die Anerkennung des Bio-Roten Veltliners als Presidio-Projekt gegeben, die offizielle Nachricht dazu wird freudig erwartet. Presidi (singular: presidio = ital. für Schutz) sind Projekte, welche von der Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt unterstützt werden. Derzeit sind 13.000 Erzeuger in mehr als 591 Presidi weltweit aktiv. In Österreich gibt es aktuell neun Presidi, davon drei im Waldviertel.

Fotocredit: Christine Miess

Trotz der üblichen, individuellen Herangehensweise, sowohl bei der Weingartenarbeit als auch Vinifikation, hat die Winzergruppe Roter Veltliner Donauterrassen hier in bedachtsamer Annäherung eine gemeinsame Philosophie definiert. Parameter wie die Handlese oder die Förderung der Biodiversität in den Weingärten (Nistkästen, Greifvogelstangen und vieles mehr) sind ihnen eine Herzensangelegenheit. Im Keller sind es unter anderem Spontanvergärung oder Vergärung mit eigenen Hefen, keine Anreicherung und Verzicht auf tierische Schönungsmittel. Der Verkauf des neuen Jahrgangs startet frühestens nach dem ersten Frühlingsvollmond im Jahr nach der Ernte.

Zur Rebsorte: Sie wurde vermutlich durch die Römer im Donauraum verbreitet. Trotz ihrer Bezeichnung „rot“ handelt es sich um eine Weißweinsorte, deren Beerenschalen dunkelgrün bis kupferfarben sind. Sie verhält sich mitunter etwas divenhaft und braucht viel Fingerspitzengefühl des Winzers um in Balance zu sein. Durchdachte Begrünung und ein gutes Laubmanagement sind essentiell. Der Rote Veltliner liebt warme Lagen und ist aber recht genügsam, was den Boden angelangt. Karge, schottrige oder sandig Erde ist ideal. Der Reifezeitpunkt ist eher spät. Die Weine sind in der Regel extraktreich und voll heller bis gelber Fruchtnoten (Apfel, Birne, Pfirsich, Marille, Kriecherl, …) samt feiner Kräuterwürze, bei höherer Reife geht die Aromatik ins exotische, hier und da findet man Noten von Blütenhonig. Die Weine sind ausdrucksstark und charaktervoll, was sie zu wunderbaren Speisebegleitern, vor allem zur würzigen Küche, macht. Und: sie haben mitunter großes Reifepotential, was am Beispiel eines hochattraktiven, lebendigen 1979ers vom Mantlerhof bei der Erstpräsentation des Projekts Ende August im Gut Oberstockstall deutlich untermauert wurde.

Die Highlights des Tastings:

2019 Roter Veltliner Königsbrunn, Weingut Herbert Schabl

Er duftet nach Kriecherl und saftigem, gelbem Pfirsich, hat eine animierende und lebendige Art, ist erfrischend und spiegelt die fruchtbetonte Seite des Roten Veltliners perfekt.

2019 Roter Veltliner Ried Steinberg 1ÖTW, Weinberghof Fritsch

Reife exotische Früchte wie Mango und Papaya treffen auf feine Kräuterwürze. Das Ganze setzt sich am Gaumen spannungsreich fort und wird von einer guten Mineralität begleitet.

2019 Roter Veltliner Ried Halterhaus, Weingut Fritz Salomon

Er zeigt die wilde Seite der Roten Veltliners. Ganz leicht reduktiv im Duft punktet er durch eine fast dunkle Kräuterwürze, die herrlich mit der klassischen gelben Fruchtigkeit verwoben ist.

2018 Roter Veltliner Unchained, Weingut Martin Obenaus

So viel Wein mit so wenig Alkohol (10,5Vol.%)! Im Bukett finden sich Aromen von Birne und Gartenkräutern, wie frisch gehackter Oregano, im Mund punktet er durch seinen zarten Grip.

2006 Roter Veltliner Ried Eisenhut Reserve, Weingut Soellner

Mit seinen fast 15 Jahren ein unglaublich vitaler Wein mit viel Strahlkraft. Saftige gelbe Frucht und eine wunderbare Saftigkeit verleihen dem Wein viel Trinkfluss.

 

www.roterveltliner.bio