2016 Grüner Veltliner Ried Lamm 1ÖTW Kamptal DAC – Hirsch

Wer an Grünen Veltliner von der Ried Lamm denkt, hat eigentlich das Bild eines kraftvollen, manchmal fast schmalzigen Weins im Kopf. Aber es geht auch anders.

Hirsch Weine begleiten mich schon lange Zeit. Genau genommen seit Mitte 1990, also 30 Jahre. Mit der Erfahrung kann ich sagen: das Weingut vereint Verlässlichkeit, Innovation und unbeirrbare Beständigkeit (Stelvin!), die Weine sind kongeniale Speisenbegleiter und Lebensfreude bestimmt hier so ziemlich alles. Die ganze Familie ist großartig und an Hannes Hirsch ist ein scharfzüngiger Kabarettist verloren gegangen. Jede Verkostung mit ihm ist besonders vergnüglich. Weine in ihrer pursten Herkunftsform zu machen, liegt bei den Hirschs in der DNA. Wo Gaisberg, Heiligenstein, Renner oder Lamm draufsteht, ist genau das Abbild des Terroirs drin. „Wobei ich mit dem vielfach zitierten Weintyp von der Ried Lamm schon immer wieder mal hadere“, meint Hannes Hirsch. Meist werden die Trauben zu spät gelesen, so dass die Weine vielfach in die Breite gehen. Dabei bringt Lamm eigentlich eine ganz tolle Würze und Struktur. Genau wie Käferberg, der zweite Veltliner-Star im Kamptal.

„Weich und üppig muss das nie sein“, so Hirsch. „Wir schicken Dir zwei Flaschen Lamm – 2016 und 2017. Die sind halt zwei Paar Schuhe, weil sich die Jahrgänge stark unterscheiden, aber beide sind sehr viel Lamm“, sagt er noch. Ok, die beiden Flaschen treffen ein. Beide werden verkostet, Burgundergläser taugen dafür gut, ich beschließe aber auch zu karaffieren. Gute Idee. Die Weine blühen mit Luft enorm auf. 2017 ist ein echter Sir vom Scheitel bis zur Sohle. Elegant, klassisch gelbfruchtig und würzig, balanciert samt zurückhaltend charmantem Charakter. So macht er sich auf jeder Tafel perfekt und besonders gut – wie ich finde – als Begleiter zum Hauptgang wie zartem Lammfilet mit Kräuterrisotto oder Attersee Saibling aus dem Ofen mit geschmortem Wurzelgemüse.

Etwas frecher kommt der 2016er daher. Und genau deshalb gefällt er mir besonders gut. Auf eine unerklärlich herzerfrischende Art nimmt er sein Gegenüber sofort in Beschlag. Im Duft anfangs ein wenig reduktiv, öffnet er sich mit einem facettenreichen Bukett – Zitruszesten, eingelegter Ingwer, getrocknete Wiesenkräuter und helle Kernobstfrucht. Ständig tauchen neue Aromen auf. Am Gaumen ist der Wein sehr energisch, hat eine vibrierende Säure, die sich stützend von Anfang bis Ende an den Körper legt. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, er singt ganz groß, ein paar weitere Jahre auf der Flasche wären aber auch sehr interessant. Spannend zeigt sich an diesem Beispiel wieder einmal, dass Weine aus den so genannten komplizierten Jahren (2010/2014/2016) besonders ausdrucksstark sein und ungeheuer große Trinkfreude bieten können.

Wahrscheinlich entwickeln sie sich durch die schwierigen Bedingungen in der Natur zu richtigen Kämpfern. Vorausgesetzt der Winzer leitet alles in die richtige Bahn. Und das hat Hannes Hirsch beim 2016er Lamm zweifelsohne getan. Wer sich an das Jahr erinnert, hat vielleicht noch den verheerenden Frost im späten Frühjahr im Kopf. „Wir haben beim Veltliner minus 70 Prozent geerntet“, sagt er. Aber das, was in den Keller kam, war top. Wer also spannende Weine vom Lämmchen probieren will, kommt an Hirsch nicht vorbei. Und an ein wenig Reife. Was 2017 und 2016 jetzt bieten, jeder in seiner Art, ist ganz großes Trinkvergnügen.

@Kalk&Kegel