2022 Grüner Veltliner Ried Platter Kapellenberg – Fidesser

Den Namen Fidesser habe ich schon viele Jahre auf meiner Liste, wenn es um das unverfälschte und vor allem authentische Weinviertel geht.

„Wir sind selbst ein wenig überrascht, dass wir mit dem 2022er Grünen Veltliner Kapellenberg durch die Qualitätsweinprüfung gekommen sind“, sagt mir Sophie Fidesser bei unserem Telefonat. Zumindest wenn man das altbekannte, auf kellertechnisch optimierte Weine und in Wahrheit überholte Schema der Kostkommission hernimmt. Ich auch verwundert, aber erfreut. Vielleicht bewegt sich ja endlich was bei der Prüfnummernvergabe. Die Fidessers sind jedenfalls happy, dass der Wein seine Riedenbezeichnung als essenziellen Hinweis am Etikett tragen darf. Kapellenberg ist die älteste Anlage mit Grünem Veltliner im Betrieb.

Gute 50 Jahre wurzeln die Stöcke schon im kalkhaltigen Tonmergel, der von leichten Lössanwehungen überdeckt ist. 2022 ist übrigens der aktuelle Jahrgang. Nachdem der Absatz, wie nahezu bei allen Weinbaubetrieben in den Corona-Jahren eher stockend lief, machte die Weinviertler Familie aus der Not eine Tugend und behielt die Riedenweine länger als üblich zurück. Das tut besonders dem Kapellenberg gut. Daneben ist es ein Geschenk für die Gastronomie, die jetzt bereits gut antrinkbare Weine ins Haus bekommt, ohne sie vorher selbst lagern zu müssen. Der Veltliner aus Platt verträgt durchaus ein größeres Glas (Burgunder) und viel Luft. Er ist naturtrüb – ein Hinweis auf Low-Intervention. Sophie sagt dazu: „Jeder Schritt, den wir weniger im Keller setzen, ist für uns einer hin zu mehr Ausdruck und Eigenständigkeit. Zudem bringt der Trub noch ein Plus an Komplexität.“

Im Duft habe ich eine fast schon wilde Würze, wie Garrique, notiert. Außerdem: markante Rauchigkeit, saftig gelber Pfirsich, Tabak und eingelegte Zitruszesten. Am Gaumen ist der Wein enorm griffig, hat straffe Muskeln, Struktur und Zug. Dabei bleibt er aber immer trinkanimierend, ist weit entfernt von üppiger Schwere. So sollte Terroirwein schmecken. Zum Keller: Die Trauben wurden gerebelt und ganz leicht gequetscht. Maischestandzeit gab es keine. Ich hätte darauf gewettet, denn der Wein hat einen wirklich lässigen Grip. Nach der Gärung und einem Monat auf der Vollhefe wurde von einem Edelstahltank in den nächsten umgezogen. Auch da hätte ich mich vertan. Kein großes Holzfass also. Samt Feinhefe gab es vor der Füllung noch ein Jahr Ruhe. Und als Bonus weitere 12 Monate Reifezeit auf der Flasche. Das Umziehen von einem Gebinde ins andere diente als natürliche Filtration.

Naturwein

„Wir haben durch die Erfahrung mit unserer Naturwein-Linie Orbis immer mehr erkannt, wie wenige Eingriffe im Keller eigentlich notwendig sind. Wir wollen das, was im gesunden Umfeld des Weingartens entsteht, die hohe Qualität der Trauben, unverfälscht und voll Energie in die Flasche bringen.“ Die Fidessers – Eltern Norbert und Gerda samt der jungen Generation Sophie und Rudi – führen neben dem Weingut eine gemischte Landwirtschaft. Gewerkt wird mittlerweile 20 Jahre biologisch, seit 2016 ist der Betrieb DEMETER-zertifiziert. Gemeinsam mit einem Rinderbauern aus dem Nachbarort kann dank eigenem Kompost eine stimmige Kreislaufwirtschaft gelebt werden. „Die Biodynamie hat viel mit uns gemacht, und schlussendlich dann auch mit den Weinen.“

@Kalk&Kegel