Lehner 2020 Blaufränkisch

Ist Blaufränkisch aus Gols immer üppig? Weine wie jener vom Biohof Lehner geben die Antwort auf die, zugegeben, etwas ketzerische Frage.

Nussige Würze, Schwarztee, Zwetschke und Hollerbeeren habe ich mir zum 2020er Blaufränkisch der Lehners notiert. Der Wein hat einen erdigen Charakter, ist ein „grader Michel“ und will aus der Reserve gelockt werden. Würzige Aromatik prägt den Gaumen. Das Tannin ist präzise, feinkörnig. Und es ist einer der Weine, wo klar wird: Sie sind nicht nur von ihrer Herkunft und der Handschrift des Winzers geprägt, sondern auch im Besonderen durch dessen Charakter. Lehners Blaufränkisch hat eine unglaublich warmherzige, ehrliche Art. Ist zuerst ein wenig zurückhaltend, später offen und tiefgründig. Und mit jedem Moment mehr Luft zeigt er, welche Klasse die Rebsorte hat. Seine schlanken 12 Volumenprozent stehen ihm zudem ausgezeichnet. Hier passt alles, Körper, Ausdruck und Struktur.

„Unser Blaufränkisch stammt von verschiedenen Weingärten, unter anderem vom süd-östlich ausgerichteten Ungerberg. Wir lesen die Parzellen einzeln, je nach Reifezeitpunkt. Lagenweine machen wir aber keine. Für uns ist es der Querschnitt, der den Wein ausmacht“, sagt Sebastian Lehner. Er hat vor einiger Zeit die Verantwortung am Weingut von seinen Eltern übernommen. „Sie sind da, wenn Fragen auftauchen. Das ist ein gutes Gefühl. Von ihrer Erfahrung kann ich viel profitieren.“ Der Junior hat einige Zeit an der Universität für Bodenkultur in Wien studiert. Das war aber nicht so das Seine. Er brauche die Praxis, verrät er. Für seine Weiterentwicklung entschied er sich, einen Teil der Woche bei Judith Beck mitzuarbeiten. „Das Weingut ist zwar im selben Ort, und es wird wie bei uns biodynamisch gewirtschaftet. Aber es gibt auch Unterschiede. Ich sehe und lerne sehr viel, was ich dann daheim umsetzen kann. Das ist ein Geschenk “, so Sebastian Lehner.

Der junge Winzer liebt die Sorte Blaufränkisch wegen ihrer Eigenständigkeit. „Sie hat viel Struktur, Gerbstoff, eine tolle Säure und deshalb auch einen super Trinkfluss“, sagt er. 2020 war ein warmes, trockenes Jahr. Nach der Lese wurden die Trauben gerebelt, die Maische vergor eineinhalb Wochen im Stahl. Bewegt wurde sie kaum, lediglich von Zeit zu Zeit mit Most überflutet. Ein ganz kleiner Teil vergor im offenen Bottich, wurde händisch untergestoßen. Nach dem Pressen und Absetzen kam der junge Wein in große, alte Holzfässer, von denen es einige im Keller der Lehners gibt. Sie werden gehegt und gepflegt.

„Wir wollen sie so lange wie möglich erhalten.“ Außer, dass der Blaufränker spundvoll gelagert wurde, ist während der knapp zweijährigen Reifezeit nichts passiert. Gefüllt wurde per Hand (!) und lediglich mit einer geringen Schwefeldosis. That’s it. Unprätentiös und unspektakulär. Aber auch oder vielleicht deshalb, ist der Wein so schlicht und so gut. Zum Weingut gehört ein Bio-Heuriger, den Sebastians Schwester Victoria, im Hauptberuf Lehrerin, betreibt. Hier gibt es eine fantastische Bio-Jause aus Produkten der umliegenden Bauern. Die Frage, ob Gols ein gutes Terroir für Blaufränkisch ist, beantwortet sich spätestens dort bei einem Glas 2020er.

@ Kalk&Kegel