2022 Tiefverwurzelt MT maischevergoren – Monschein
Oftmals passieren die besten Dinge, wenn man ihnen ihren freien Lauf lässt und vertraut. So wie beim Müller-Thurgau am Weingut Monschein.
Zugegeben, der Müller-Thurgau hat es schwer. Immer noch. Schwerer als Neuburger oder Welschriesling. Deren Ruf war in der Vergangenheit auch ordentlich beschädigt, sie konnten sich aber richtig gut rehabilitieren. Beim Müller schwingt immer noch der Missklang eines lediglich blassen Weins mit, maximal für Junker oder Sturm tauglich, oder als Teil belangloser Cuvées, am besten halbtrocken ausgebaut. Dass es anders geht, haben Winzer wie Jörg Bretz mit seinem Trüben Müller schon gezeigt. Jetzt gehören auch Alexandra Monschein und ihr Mann Klaus Leber dazu.
Seit fast zwei Dekaden machen sie Wein. Und viele Jahre davon, einfach so wie es von ihnen erwartet wurde. Ohne viel darüber nachzudenken. „Das war auch besonders mit dem Müller-Thurgau so. Dabei bewirtschaften wir einen Weingarten mit über 50 Jahre alten Rebstöcken. Auf dessen Potential haben wir aber nie wirklich vertraut. Bis wir es ab 2021 einfach mehr laufen haben lassen“, sagt die Winzerin. In dem Jahr kelterten sie zum ersten Mal den Tiefverwurzelt MT maischevergoren. „Plötzlich wirkte die Rebsorte ganz anders.“
ch habe den 2022er probiert und finde: ein wirklich spannender, sehr gelungener Wein. Wobei ich zuerst eine etwas andere Erwartungshaltung hatte. Stichwort maischevergoren am Etikett. Der Wein leuchtet in mittlerem, hellen gelb und duftet nach vollreifen Williams Birnen, so richtig zum Reinbeißen. Dazu mischen sich gelber Apfel und frische Gartenkräuter. Im Mund wirkt er ungemein saftig, wieder ist die Birne da. Er hat einen herrlich stimmigen Grip, ist weit entfernt vom oftmals harschen Tannin mancher Orange-Wines. Toll ist seine ganz feine, energetische Spannung und er strahlt im Gesamten eine große Harmonie aus.
Loslassen
Am besten hat mir der MT maischevergoren im großen, schlanken Bordeauxglas gefallen, dass ihm ausreichend Luft gibt, aber nicht zu viel Platz einräumt, dass sich der Wein verliert. Und: Nachdem jetzt gerade alle Zeichen auf Orange stehen (Kürbis), kann ich ihn mir perfekt zur Herbstfrucht in verschiedensten Varianten vorstellen – Kürbisrisotto mit Ingwer und Chili, rotes Thaicurry vom Muskatkürbis mit Basmatireis oder ofengeschmorter Hokkaido mit Sojasaucenlack. Ein wenig Würze darf es am Teller unbedingt sein.
Zur Weinwerdung: Die Trauben wurden mit fortgeschrittener physiologischer Reife geerntet. „Die Beeren waren perfekt, die Schalen schon ein wenig mürbe und die Säure relativ niedrig. Sie fehlt aber nicht. Der Wein ist zwar sanft, hat durch die lange Zeit auf der Maische eine gut stützende Struktur“, so Alexandra Monschein. Das Mostgewicht betrug 18 KMW, was den moderaten Alkohol erklärt. Der Wein vergor und reifte übrigens sechs Monate auf den Schalen im Edelstahl bei 15 Grad, was ihm seinen fruchtbetonten Charakter erhalten hat. Gelagert wurde er in gebrauchten 300 und 600 Liter fassenden Holzfässern, unfiltriert gefüllt mit einer geringen Schwefelgabe von 30 Milligramm. Der Wein wirkt ein wenig wie der Spiegel der Entwicklung im Weingut Monschein in den letzten Jahren. Die Familie hat gelernt loszulassen. Mit der Freiheit gelingt vieles besser, nicht nur der Müller-Thurgau.
@Kalk&Kegel