2021 Charakter – NeueHeimat
Haben Spitzensport und Wein etwas gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht. Bei Bastian Kaltenböck irgendwie aber dann doch.
Die Geschichte des Weinguts NeueHeimat ist eine spannende. Die meisten werden sie kennen. Wer nicht, hier die Ultrakurzform: Zwei Männer mit Weinleidenschaft – Ulli Kaltenböck und Ton Goedmakers – treffen in Lech am Arlberg aufeinander. Sie gründen danach in der Südsteiermark das Weingut Goedwinemakers. Heute wird es unter dem Namen NeueHeimat von Kaltenböcks Sohn Bastian geführt. So weit so klar. Der junge Betriebsleiter ist ehemaliger Skispringer aus dem Weltcup-Kader des ÖSV. Heute bringt er sich mit einer klaren Vision im Weingut am Sernauberg ein. An seiner Seite ein langjähriges Team, allen voran Christian Söll.
Ihre Philosophie kurz umrissen: Die Essenz der Region einfangen, ohne sich starr an der DAC-Verordnung zu orientieren. Am besten zeigt das der Wein mit dem Namen „Charakter“. 2021 besteht aus fünf Sorten, die exemplarisch für das Terroir von Gamlitz stehen: Sauvignon Blanc, Weißburgunder, Chardonnay, Grauburgunder und Muskateller. Die drei erstgenannten machen den Löwenanteil der Cuvée aus. „Wobei wir diesen Wein nicht vorrangig als Cuvée sehen. Wir arbeiten eher im Gedanken eines gemischten Satzes. Die Sorten stehen zwar in unterschiedlichen Parzellen und werden nicht an einem Tag geerntet. Die weitere Verarbeitung verläuft aber weitgehen gemeinsam, dass die Teile schon früh zusammenwachsen“, so Kaltenböck.
Verkostet
Ein kurzer Abriss über das geschmackliche Profil: Verkostet habe ich über zwei Tage. Zu Beginn ist der Wein im Duft klarerweise von den Aromasorten Sauvignon Blanc und Muskateller geprägt, aber nicht in unsympathisch lauter Art. Passionsfrucht mischt sich mit feiner Zitruswürze, traubigen Noten und Weingartenpfirsich. Die Burgunder steuern Nussiges bei. Der Gaumen ist wie ein Weckruf, die Säure gleicht einem Laserschwert, der Körper ist sehnig wie der eines Spitzensportler (kein Wunder!). Ich schreibe mir auf: Ein beeindruckender Wein, aber noch jugendlich schüchtern.
Mit mehr Luft und vor allem am zweiten Tag wirkt er viel selbstbewusster, hat aufgemacht. Richtig gut! Ohne karaffieren sollte er momentan nicht getrunken werden. Ein paar Eckdaten zum 2021 Charakter: Die Trauben stammen von den ältesten Rebstöcken des Betriebs am Sernauberg. Es wurde früh geerntet, um ausreichend Frische im Wein zu erhalten. Je nach Sorte gab es eine kurze, angepasste Maischestandzeit, vergoren wurde im Edelstahl, ausgebaut in gebrauchten 300 und 500 Liter Fässern auf der Feinhefe.
Der Wein, man möchte es sensorisch kaum glauben, machte einen biologischen Säureabbau. „Den Jahrgang 2021 finde ich großartig. Wir haben ihn komplett ohne Schwefel verarbeitet. Für uns spiegelt er in seiner Geradlinigkeit genau das wider, was die Region ausmacht“, sagt Kaltenböck. Wie er den Weg vom asketischen Sportler zum hedonistischen Winzerdasein sieht, frage ich ihn noch. Als er in der Südsteiermark angekommen sei, war das Genießen sofort Teil seines Lebens. Und wie beim Sport sei, es auch in einem Weingut wichtig, ein klares Ziel zu haben und es mit Energie zu verfolgen. Kaltenböcks Leben früher und jetzt haben also durchaus Parallelen.
@Kalk&Kegel