2008 Riesling Vinothek – Nikolaihof

Der Nikolaihof steht wie kein zweites Weingut für top gereifte Weine. Der Legendenstatus kam mit den 100 Punkten für den Riesling Vinothek 1995.

Ich kann mich noch genau erinnern. Bei der Veröffentlichung der Parker Punkte 2014 gab es einen Paukenschlag: 100 Punkte für einen trockenen Weißwein aus Österreich. Das war noch nie da und somit eine Sensation. Niki Saahs erzählt: „Meine Eltern haben schon lange auf gereifte Weine gesetzt. Als Sicherheitsreserve und Ausgleich für schwierige Jahre, aber vor allem als Gegenbewegung zum Jungwein-Wahn. Hierzulande konnten wir damit aber kaum jemand erreichen. Im Export ist das Thema hingegen sehr gut angenommen worden. Nach den 100 Punkten war Gereiftes in Österreich plötzlich dann doch gefragt.“

Die Geschichte dahinter: Seit dem Jahrgang 1990 wird im Nikolaihof in geeigneten Jahrgängen ein Fass vom hochwertigsten Wein im Keller liegen gelassen. 2000 war damals geplant, den ersten nach zehn Jahren zu füllen. Er erschien der Familie zu dem Zeitpunkt aber immer noch zu jung. 2004 kam er dann schlussendlich mit dem Namen Vinothek auf den Markt. Weitere Jahrgänge folg(t)en. In der Regel handelt es sich dabei um Riesling, 1991 und 1993 gab es die Vinothek ausnahmsweise vom Grünen Veltliner. Der Wein mit dem megalangen Fasslager ist über die Jahre zur USP des Nikolaihofs und schließlich auch zur Wachauer Legende geworden. Ich habe den aktuellen Jahrgang – den Riesling aus 2008 – gekostet. Die Trauben stammen zum Großteil aus den ältesten Rebstöcken der Ried Im Weingebirge, die südlich von Mautern liegt. „Der Boden dort ist enorm vielschichtig. Es gibt Löss und Gesteine wie Paragneis, die sich wie Adern durch die Erde ziehen“, beschreibt Katharina Salzgeber, Frau von Niki Saahs, die geologischen Voraussetzungen.

Für die Ewigkeit

Faktisch ist der Wein ein Smaragd, wird aber nicht als solcher ausgewiesen. Er blieb gute 15 Jahre im 3.500 Liter Holzfass und wurde im April 2024 gefüllt. Während der langen Reife hat man lediglich den Verdunstungsschwund aufgefüllt und hie und da verkostet. „Der Jahrgang war schwierig und arbeitsintensiv. Wir wollten eigentlich nur überleben“, beschreibt Niki Saahs 2008 im Rückblick. Es musste bei der Ernte enorm selektiert werden. Die Weine präsentieren sich aber jetzt, und das ist nicht selten bei komplizierten Jahren, mit lebendiger Säure und ganz viel Finesse bedingt auch durch den moderaten Alkohol. Der Riesling Vinothek hat 12,5 Prozent. In der Farbe ist er unglaublich jugendlich, zeigt sich in hellem Strohgelb, das fein silbern leuchtet.

Eingeschenkt habe ich den Wein in drei verschiedene Gläser, während des Kostens bin ich aber schnell beim Burgunderglas geblieben, denn der Wein braucht enorm viel Luft. Karaffiert wurde er zusätzlich. Zuerst jugendlich schüchtern, hat er sich großartig geöffnet. Animierend ist seine ätherische Zitrusfrucht und helle Steinobstnoten – vor allem Weingartenpfirsich – mischen sich mit lässiger Rauchigkeit. Dazu kommt eine ganz zarte Kräuterwürze. Am Gaumen vibriert die Säure, seine spielerische Leichtigkeit ist begleitet von druckvoller Mineralität. Der engmaschige, fokussierte Wein ist noch ganz am Beginn seiner Evolution, hat aber eine riesige Zukunft vor sich. Ein großer Klassiker mit Potential für eine gefühlte Ewigkeit.

@Kalk&Kegel