2015 St. Laurent Alte Reben – Philipp Grassl

Nach zehn Jahren Reifezeit kommt heuer das erstmals eine Late Release von Philipp Grassls St. Laurent Alten Reben aus 2015 auf den Markt.

Philipp Grassl liebt den St. Laurent. Nein halt, das ist nicht ganz richtig. Es ist fast eine Hassliebe, denn die nicht ganz unkomplizierte Rebsorte hat durchaus das Potential zur Diva. Vor allem im Weingarten, wenn die Witterung unstabil ist, packt sie ihre Allüren aus. Sie ist anfällig für so allerhand von Pero bis Botrytis. Und sie will umhegt werden. Dass ihr nur allerbeste Lagen gut genug sind, versteht sich von selbst. Grassl hat daher sorgfältig ausgewählte Parzellen – ganze 80 Ar – in den Rieden Bärnreiser und Aubühl für St. Laurent reserviert. Dort wurzelt er in karger, aber kalkreicher Erde, die von Schotter überdeckt ist. Das Alter der Reben ist das, was die Bezeichnung Vieilles Vignes wirklich verdient: gepflanzt zwischen 1961 und den 1970er Jahren. Dabei handelt es sich zudem nur bestes Pflanzmaterial. Die Rebschule Scheiblhofer bietet übrigens die Selektion Grassl an.

Nach Lehr- und Wanderjahren ist Philipp Grassl 1998 in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Aus einer gemischten Landwirtschaft mit Weingärten entstand seitdem ein Vorzeigebetrieb mit 30 Hektar biobewirtschafteten Reben. Er hatte schon lange den Traum, eine Guts-Vinothek aufzubauen. „Zuerst haben wir einen neuen Keller gebaut. Da wollte die Bank zuerst natürlich ihr Geld wieder. 2011 und 2012 konnten wir dann das erste Mal was von unserem Bärnreiser zurücklegen. Im Jahr darauf kam aber der Hagel und dann das miserable Jahr 2014. Deshalb mussten leider wir die Vinotheks-Reserve zurückgreifen“, erzählt der Carnuntumer Winzer. Ein Jahr später standen die Vorzeichen gut. Vom St. Laurent Alte Reben 2015 wanderte eine Menge von 600 Flaschen in den Keller. Ein Glück. Ab heuer im Frühjahr sind sie als Late Release erhältlich. Bei der Menge empfiehlt es sich schnell zu sein.

Ultracharmant

Ein kurzer Abriss zum Wein: Die Trauben wurden gerebelt, nicht gequetscht und spontan vergoren. Der Maischestand betrug drei Wochen, inklusive einer ganz sanften Mazeration. „Zu starke Auslaugung möchte ich beim St. Laurent nicht“, so Grassl. Der Wein reifte 16 Monate in 500 Liter fassenden Tonneaux französischer Herkunft wie auch in Ibbstaler Eiche von Stockinger. Unfiltriert und mit einer ganz geringen Schwefeldosis – St. Laurent hat durch seine Säure und den niedrigen pH-Wert eine fast natürliche Stabilität – kam der Wein in die Flasche. Jetzt nach zehn Jahren Ruhe im Grassl-Keller ist er in absoluter Höchstform.

Gekostet habe ich ihn aus dem großen Bordeaux- und Burgunderglas. Zweiteres ist eine fantastische Wahl und legt alles frei, was der Wein zu bieten hat. Im Duft mischt sich reife dunkle Kirsche (nicht mehr das Ungestüme der Weichsel wie bei jungem St. Laurent) mit Orangenzesten und pfeffrig-tabakigen Noten. Der Wein hat eine perfekte Balance, ganz viel Finesse und einen fast schon gefährlich einnehmenden Charme. Säure, Tannin, Körper, Rückgrat und Ausdruck sind im absoluten Gleichklang. Kein Wunder, dass Philipp Grassl diese Rebsorte um ein Vielfaches mehr liebt, als er sie mühsam findet. Zudem hat sie ein Plus in Sachen Zukunft: St. Laurent bleibt auch bei viel Hitze cool, verliert kaum Säure und die Zuckerwerte schießen niemals in die Höhe. Grassls Vater ist übrigens passionierter Jäger, womit wir beim Foodpairing sind. Reifer St. Laurent passt genial zu Wildgeflügel, Reh, Pilzgerichten und Umami-Veggi-Food wie geschmorter Melanzani.

@Kalk&Kegel